Like-Blog
So interessant können Übersetzungslösungen sein
Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.
Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Eine Frage des Stils (Juni 2024)
Einige Satzkonstruktionen, die im Englischen elegant sind, wirken bei einer direkten Übersetzung ins Deutsche unidiomatisch. Hier ist ein Beispiel für eine solche unidiomatische Übersetzung.
In dem Band „Viel mehr Hühnersüppchen für die Seele“ von Jack Canfield und Mark Victor Hansen gibt es die aus dem Englischen übersetzte Geschichte „Schatz, du setzt dich besser erst mal hin“ von Sheryl Nicholson.
Die Geschichte handelt von einem älteren Ehepaar, das durch einige Zufälle ein Baby adoptiert. An einer Stelle heißt es: „An diesem Abend begleitete mich Gary zu einer Lesung mit anschließender Buchsignierung. Nicht gerade ein Partylöwe, trug er die ganze Zeit seine übliche abgeklärte (oder gelangweilte?) Miene zur Schau.“
Das englische Original – zu finden im Buch „Chicken Soup for the Mother’s Soul“ – lautet an der entsprechenden Stelle: „That night, Gary came with me to a book signing. Not exactly a party animal, he wore his usual calm (or was it bored?) look throughout.“
Die Übersetzung ist insofern unidiomatisch, als die im Englischen gängige und elegante Satzkonstruktion mit einer einleitenden Apposition in Form einer Nominalphrase im Deutschen ungewöhnlich ist. Der konzessive Charakter dieser Konstruktion, der im Englischen nur durch den Sinnzusammenhang deutlich wird, sollte im Deutschen explizit durch einen einschränkenden Nebensatz ausgedrückt werden: Obwohl er nicht gerade ein Partylöwe war, trug Gary die ganze Zeit seine übliche abgeklärte (oder gelangweilte?) Miene zur Schau.
Fazit: Nicht alles, was bei einer Übersetzung syntaktisch möglich ist, ist auch sinnvoll.