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So interessant können Übersetzungslösungen sein
Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.
Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Bezugspunkte (Januar 2025)
In ihrem Artikel „Africa’s Land and Family Farms – Up for Grabs?“, der am 14. Januar 2010 auf grain.org erschienen ist, schreibt Joan Baxter auf die Frage, warum Europäer ihre Fehler nach Afrika bringen, Folgendes: „At the time, I had no answer to her question. But now, two decades later, I think I do. It’s taken years of patient teaching by African farmers from Zambia to Uganda, from Kenya to Cameroon and Mali.“
Die deutsche Übersetzung ist auf den ersten Blick unauffällig: „Damals konnte ich ihre Frage nicht beantworten, aber jetzt, zwei Jahrzehnte später, glaube ich, eine Antwort gefunden zu haben. Darüber wurde ich jahrelang von afrikanischen Landwirten von Sambia bis Uganda und von Kenia bis Kamerun und Mali geduldig unterrichtet.“
Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich jedoch der Bezug vom zweiten auf den ersten Satz als unlogisch: Worauf soll sich „Darüber“ beziehen?
Im Original kann das „It“ zu Beginn des dritten Satzes grammatisch auf zwei verschiedene Arten interpretiert werden: Es kann sich (1) auf das in den beiden ersten Sätzen implizierte Finden einer Antwort auf die vorhergegangene Frage beziehen oder (2) als antizipatorisches Subjekt auf ein am Schluss des letzten Satzes impliziertes „to find the answer“. Beide Interpretationen laufen auf das gleiche Verständnis der Passage hinaus.
Das Problem der Übersetzung besteht zum einen darin, dass „Darüber“ keinen plausiblen Bezugspunkt hat. Der einzige Bezugspunkt, der aus grammatischer Sicht in Frage käme, „Antwort“, ist in semantischer Hinsicht unbefriedigend. Zum anderen funktioniert das Zusammenspiel mit dem Verb „unterrichtet“ nicht, da jemanden über etwas zu unterrichten bedeutet, jemanden zu informieren – was im gegebenen Zusammenhang nicht gemeint ist.
Als Lösung bietet sich an: Damals konnte ich ihre Frage nicht beantworten, aber jetzt, zwei Jahrzehnte später, glaube ich, eine Antwort gefunden zu haben. Denn schließlich wurde ich jahrelang von afrikanischen Landwirten von Sambia bis Uganda und von Kenia bis Kamerun und Mali geduldig unterrichtet. Durch den kausalen Bezug zwischen dem zweiten und dem ersten Satz ergibt sich der implizite Gegenstand des Unterrichts insofern, als dieser logischerweise die Antwort auf die Frage beinhaltet.